Ich habe einen Brief vom sel. vortrefflichen Sulzer, worin er mich frägt: was doch die Ursache sein möge, warum die Lehren der Tugend, so viel Überzeugendes sie auch für die Vernunft haben, doch so wenig ausrichten. Meine Antwort wurde durch die Zurüstung dazu, um sie vollständig zu geben, verspätet. Allein es ist keine andere, als daß die Lehrer selbst ihre Begriffe nicht ins Reine gebracht haben, und indem sie es zu gut machen wollen, dadurch, daß sie allerwärts Bewegursachen zum Sittlichguten auftreiben, um die Arznei recht kräftig zu machen, sie sie verderben. Denn die gemeinste Beobachtung zeigt, daß, wenn man eine Handlung der Rechtschaffenheit vorstellt, wie sie von aller Absicht auf irgend einen Vortheil in dieser oder einer andern Welt abgesondert selbst unter den größten Versuchungen der Noth oder der Anlockung mit standhafter Seele ausgeübt worden, sie jede ähnliche Handlung, die nur im mindesten durch eine fremde Triebfeder afficirt war, weit hinter sich lasse und verdunkle, die Seele erhebe und den Wunsch errege, auch so handeln zu können, Selbst Kinder von mittlerem Alter fühlen diesen Eindruck, und ihnen sollte man Pflichten auch niemals anders vorstellen.